Da Getreide zur
Lebensmittelerzeugung zu wenig bringe, fordern Bauernpräsident Sonnleitner und
Agrarminister Miller, es als Regelbrennstoff zuzulassen. Das hieße also
wertvollste Nahrung zu verbrennen, und das in einer Welt, in der noch immer zig
Millionen Menschen verhungern! Die Perversion wird komplett, weil bekanntlich
dafür oft sogar aus den Hungerländern Getreide und Leguminosen für unsere
Schweine, Geflügel und Kühe eingeführt werden. Nicht wenig der großen
Produktivität, mit der die modernen Bauern heute oft prahlen, wächst
tatsächlich in der Erde der Armen. Diese Art von Warenverschieberei ist in
meinen Augen nicht nur unmoralisch, sondern schlicht kriminell. Energie vom
Acker ist erst dann akzeptabel, wenn der Hunger besiegt ist!
Ein neuer Wahnsinn hat
dieses Land befallen! Renommierte TV- und Printmedien schwärmen von der
"Energie, die nie versiegt!“ und loben die damit zu gewinnende
"Unabhängigkeit“ von fremden Öl- und Gaslieferanten. Sie meinen damit
Energie vom Acker, wo immer öfter Getreide, also quasi Brot, in Heizwärme,
Strom oder Kraftstoff verwandelt wird. Selbst bekannte Moralisten, wie Franz
Alt, werben auf ihrer Webseite dafür und auch viele ökologisch sich gebende
Politiker rühren die Werbetrommel. Von den Bauern und ihren Lobbyisten gar
nicht zu reden, kein Wunder, weil sich für sie das Ganze rechnet. Doch schon
heute ist unser Land der größte Importeur von Nahrungsmitteln und wie es
aussieht, wird unsere Abhängigkeit von fremden Erzeugern weiter zunehmen. "Das
muss so sein!“, sagt unsere exportabhängige Industrie im Einklang mit den
Produzenten. "Wie sollen diese Länder unsere Waren kaufen können, wenn wir
nicht ihre Agrarprodukte kaufen?“
Dass dies auch von der
Weltbank gefordert wird, ist klar, denn die vertritt die reichen
Industrieländer. Doch sogar die UNO fordert den Abbau von Handelshemmnissen und
verschwendet offenbar keinen Gedanken über den Raubbau in den Tropen und
Subtropen, nicht über die Energieverschwendung und die sozialen und
ökologischen Verwerfungen, die mit den globalen Nahrungsverschieberein
verbunden sind, und nicht über den Umstand, dass in Hungerländern die
Großgrundbesitzer und ihre korrupten Regierungen der eigenen Bevölkerung die
Nahrung entziehen, um für den Erlös Luxusgüter; Maschinen und Waffen zu kaufen.
Ein Großteil dieser Exporte ist aber durch den Zwang zum Schuldendienst
bedingt, ein Instrument, das die Peitsche der Kolonialherren abgelöst hat.
Allein die 12 EG-Staaten
haben 1990 fast 30 Mio. t Futtermittel aus Entwicklungsländern importiert, die
als Grundnahrungsmitteln der dortigen Bevölkerung abgehen. Dazu produzieren die
Landbesitzer auf wertvollen Flächen eine Vielzahl von anderen Produkten für den
Weltmarkt, etwa Kaffee, Tee, Kakao, Tabak, Baumwolle u.v.m.
Vor diesem Hintergrund ist
der Getreideanbau zur Energieversorgung bei uns schon sehr makaber. 1940 wurden
pro verbrauchter Kalorie bei
der manuellen Feldarbeit noch etwa zweieinhalb Kalorien an Nahrungsmitteln
erzeugt, 1974 betrug das Verhältnis bereits 1:1. Ich weiß nicht ob bei dieser
Berechnung bereits die Energieverschwendung für die globalen Transporte der
ersatzweise eingeführten Lebensmittel berücksichtig wurden. Falls nicht, dann
wird die Energiebilanz noch haarsträubender. In jedem Fall verbraucht diese
Katastrophen-Ökonomie mehr Energie, als sie erzeugt.
Unsere Landwirtschaft
produziert derzeit jährlich Güter für 65 Mrd. DM und verursacht Umweltschäden
mit entsprechenden externen Kosten in Höhe von 80 bis 100 Mrd. DM – je nach
Quelle. Das ist die "Leistung“ der Ökonomen. Sie haben nur die
kurzfristige Gewinnmaximierung des Einzelbetriebes im Auge gehabt, nicht aber
die langfristige Nutzenmaximierung für die Gesellschaft.
Es scheint eine Forderung
gleichermaßen der Vernunft und der Menschlichkeit zu sein, erst Energiepflanzen
anzubauen, wenn der Hunger besiegt ist und durch regionales Wirtschaften
überhaupt so etwas wie Energie-Effizienz herausspringen kann. Bis dahin sollten
wir uns mit der Nutzung von Holz, organischen Abfällen aller Art, Mist und
Gülle begnügen, was aber sowieso zu einer beachtlichen Energiemenge führt.
Ferner ist es sinnvoll Grasschnitt, der bei der Landschaftspflege anfällt, zu
vergären und in Methangas umzuwandeln, wenn es nicht als Nahrungsgrundlage für
Wild- und Weidetiere dient, was in jedem Fall vorzuziehen ist.
Kommentar in freigeisst.de
In den letzten vierzig
Jahren hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt, von drei auf über sechs
Milliarden. Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist aber nur um 9 Prozent
gewachsen. Gleichzeitig haben sich die Verzehrgewohnheiten stark verändert, es
werden heute um ein Vielfaches mehr Fleisch und andere tierische Produkte
verzehrt, was eine viel größere Anbaufläche erfordert. (Für ein Kilo Fleisch
werden bis zu zehn Kilo Kraftfutter benötigt!)
Die größte Veränderung
ergibt sich aber aus dem noch immer propagierten Anbau von Energiepflanzen. Der
Ethanolanbau etwa wurde in Brasilien und den USA in gigantischem Maße
ausgeweitet, bester Mais wird vergärt und verschwindet als Sprit in Fahrzeugtanks.
Ebenso geschieht es mit Rapsöl, als Dieselersatz. Wurde einst von
Umweltschützern die Verwertung von Gülle und pflanzlichen Abfällen in
Biogasanlagen gefordert, so wird dafür heute vor allem Getreide verwendet,
wegen der höheren Ausbeute. Andere verbrennen Getreide direkt in Öfen anstelle
von Holzpellets. Unglaublicherweise wird diese Nahrungsvernichtung sogar noch
mit Prämien gefördert.
Das Ganze ist eine Art
kollektiver Wahnsinn, eine Art Krieg, einmal gegen die Natur, weil
rücksichtslos die letzten Urwälder abgebrannt und in Agrarsteppen umgewandelt
und immer mehr Tier- und Pflanzenarten ausgerottet werden, kostbares Wasser
verschwendet und die Böden verseucht werden und ein Krieg gegen die Armen, die
oft von Agrarkonzernen von ihrem Land vertrieben werden und deren
Grundnahrungsmittel immer unbezahlbarer werden.
Leserbrief an PNP zum
Artikel „Kfz-Steuer sorgt für dicke Luft"
Industriepolitik kommt
heute gerne in einem grünen Mäntelchen daher. Die Bürger werden zu
Neuanschaffungen genötigt und das Ganze nennt sich dann Umweltschutz. Wer ein
neues Autos kauft, soll wieder einmal vom Staat
steuerlich belohnt werden, wer sein altes weiterfährt, wird bestraft. Der
Energie- und Rohstoffverbrauch bei der Herstellung kommt in dieser Rechnung
nicht vor, obwohl etwa durchschnittlich 25 Tonnen Abfall pro Auto errechnet
wurden, was dem Hausmüll eines ganzen Lebens entspricht.
Aber Vermeidung und
Bescheidung bringen kein Wachstum, Produzieren und Verkaufen heißt die Devise!
Würden alle Menschen auf der Erde so leben wie wir, wären fünf Erdkugeln nötig
um den Bedarf decken zu können. Es kann so also nicht weitergehen. Nicht immer
mehr, weiter, schneller und protziger kann uns retten, sondern das Gegenteil
davon: weniger, näher, langsamer und bescheidener. Und regionaler wirtschaften,
die Familien und Arbeiten und Wohnen wieder mehr zusammenbringen und unsere
Heimat lebenswerter machen.